Im Anschluss an die Mitgliederversammlung von Charnet stellten Grün Stadt Zürich und das Forschungsinstitut für Biologischen Landbau (FiBL) den langfristigen Praxisversuch «Black goes Green» und erste Zwischenergebnisse vor: Drei Jahre nach der Ausbringung der Pflanzenkohle zeigen sich noch keine eindeutigen Effekte – weder positiv noch negativ. In der Diskussion zeigte sich einmal mehr, dass die Anwendung von Pflanzenkohle in der Landwirtschaft sehr vielschichtig ist.
Seit 2021 läuft auf verschiedenen Flächen des Gutsbetriebs Juchhof der Stadt Zürich eine Langzeitstudie zu Pflanzenkohle. Acht Tonnen Pflanzenkohle pro Hektar wurden 2021 mit Gärgülle gemischt und nach 2 Wochen Lagerung im Schleppschlauchverfahren an fünf Standorten ausgebracht.
Dass ein solcher Versuch gerade in der Stadt Zürich stattfindet, mag erstaunen. Aber: Rund 9% der Stadtfläche (über 800 ha) werden landwirtschaftlich genutzt, gut 24% sind Waldfläche. Und die Stadt Zürich hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2035 das Netto-Null-Ziel zu erreichen. Als Motivation für das Projekt nannte Bernhard Koch von Grün Stadt Zürich, die Senkenleistung der landwirtschaftlichen Böden auszuloten und die Resilienz der Böden im Rahmen der Klimaanpassung zu steigern. Völlig überrascht hat den Fachbereichsleiter Landwirtschaft zu Beginn aber ein ganz anderer Effekt der Pflanzenkohle: «Die Gülle mit Pflanzenkohle war nahezu geruchlos. Das schon mal ein entscheidender Effekt für eine Landwirtschaft in Siedlungsnähe und mit Blick auf Stickstoffverluste.»
Weder positive noch negative Wirkung nachweisbar
Die mit Pflanzenkohle-Gülle gedüngten Felder werden an jedem Standort mit einem Feld mit der gleichen Gärgülle ohne Pflanzenkohle verglichen. «Von Auge war die Kohle sechs Wochen nach Ausbringung nicht mehr sichtbar», erzählte Koch. Seither untersucht das Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL, welche Unterschiede sich zwischen den Vergleichsflächen zeigen. Bei den chemisch-physikalischen Bodenparametern (Wasserhaltekapazität, Aggregatsstabilität und Lagerungsdichte) zeigten sich keine signifikanten Effekte durch die Pflanzenkohle, während der Kohlenstoffgehalt erwartungsgemäss anstieg, wie Hans-Martin Krause vom FiBL ausführte. Ob dieser Anstieg nur auf den pyrogenen Kohlenstoff zurückzuführen ist oder ob auch ein erhöhter Humusgehalt mitverantwortlich ist, wird aktuell noch ausgewertet. Auch die biologischen Faktoren (mikrobielle Biomasse, Enzymaktivität, mikrobielle Diversität) veränderten sich kaum. Einzig bei den Regenwürmern waren 2023 die Diversität, Biomasse und die Artenanzahl auf den Pflanzenkohle-Feldern tendenziell geringer, während 2021 noch keine Unterschiede erkennbar waren. Statistisch nachweisbar sind diese Veränderung jedoch nicht. «Die Proben wiesen eine sehr hohe Varianz auf», so Krause. Deshalb liessen sich aus den Resultaten noch keine Schlüsse ziehen.
Wirkungen auf verschiedenen Ebenen betrachten
Ist das Ausbleiben einer Wirkung nun ein schlechtes Resultat für die Pflanzenkohle? Oder kann damit nachgewiesen werden, dass Pflanzenkohle dem Boden auch bei sehr hoher einmaliger Dosierung nicht schadet und dabei CO2 sicher und langfristig gespeichert werden kann? «Grundsätzlich zeigten die Resultate keine negativen Auswirkungen», bestätigt Krause. Das Thema Regenwürmer wollen die Forschenden aber noch einmal genauer unter die Lupe nehmen. Die Felder sollen deshalb dieses Jahr erneut beprobt und die Regenwurmpopulation detailliert untersucht werden.
Der FiBL-Forscher betonte aber auch, dass Pflanzenkohle auf anderen Ebenen oder in anderen Settings durchaus erwünschte Wirkungen in der Landwirtschaft zeigten. Ein Beispiel sei die Reduktion der Geruchsbelastung, was auf geringere Ammoniakverluste hindeute. «Aufgrund von anderen Versuchen vermuten wir auch reduzierte Methanverluste bei der Hofdüngerlagerung.» Wenn die Pflanzenkohle mit festen Düngern wie Mist oder Kompost ausgebracht werde, zeigten Untersuchungen, dass die biologische Aktivität steige, so Krause weiter. Summa Summarum bestätigte sich, dass die Anwendung von Pflanzenkohle in der Landwirtschaft von verschiedenen Faktoren abhängt und neben weiterer Forschung auch der Wissens- und Erfahrungsaustausch gestärkt werden muss.
Einordnung der Resultate durch Charnet
Charnet zieht aus den vorliegenden Zwischenresultaten der Studie die folgenden Schlüsse:
- Die Studie liefert den Nachweis, dass Pflanzenkohle selbst bei einer einmaligen sehr hohen – in der Praxis nicht zu empfehlender – Gabe keine negativen Wirkungen im Boden entfaltet. Positive Wirkungen sind abhängig von Bodenbeschaffenheit und Art der Anwendung.
- Pflanzenkohle in Böden ist eine geeignete, langzeitstabile CO2-Senke, da keine negativen Folgen nachzuweisen sind.
- Bei lehmhaltigen Böden mit einem «gesunden» Humusgehalt, wie in der vorliegenden Studie, ist bei der begrenzten Gesamtmenge noch keine positive Wirkung zu erwarten. Studien mit mehreren Gaben über längere Zeit könnten hier wichtige Erkenntnisse liefern: Ab welchen Mengen kann eine Wirkung eintreten? Welche Menge können Böden langfristig ohne Risiko aufnehmen?
- Positive Auswirkungen sind gemäss zahlreichen Erfahrungsberichten von Landwirten vorhanden. Diese sind vor allem in sandigen Böden oder solchen mit tiefem Gehalt an organischem Kohlenstoff zu erwarten. Eine weitere, ähnlich gelagerte Praxisstudie könnte diese Befunde bestätigen.
- Je nach Art der Anwendung der Pflanzenkohle – als Einstreu oder Futterzusatz, in der Kompostierung oder als Güllezugabe in unterschiedlicher Körnung – kann sich die Wirkung unterscheiden. Aktuell sind dazu Studien in Auswertung.
- Die Wirkung der Pflanzenkohle beschränkt sich nicht allein auf den Boden. Die Wirkung entlang der Kaskadennutzung ist vermehrt aufzuzeigen und zu quantifizieren, z.B. auf den Stickstoffkreislauf (Ammoniakverluste, Nitratauswaschung), die Tiergesundheit und die Treibhausgasemissionen (Lachgas, Methan).
- Generell sollte das Erfahrungswissen von Landwirten und Landwirtinnen systematisch gesammelt und bewertet werden.
Zuguterletzt erlauben wir uns noch folgende kritische Frage: Welche Resultate würde eine ähnlich gelagerte Studie mit anderen landwirtschaftlichen Hilfsmitteln zutage bringen? Würde sich dabei zeigen, dass Pestizide oder Kunstdünger die biologische Vielfalt im Boden oder die Regenwurmpopulation beeinflussen? Im Gegensatz zu diesen synthetischen Stoffen muss sich das rein natürliche Produkt Pflanzenkohle in der Praxis deutlich mehr beweisen.
Bilder: Grün Stadt Zürich / FiBL