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Über Pflanzenkohle

Grosses Potenzial bei sorgfältigem Einsatz

Ob in der Landwirtschaft, in der Industrie oder der Bauwirtschaft – Pflanzenkohle bringt in vielen Bereichen Vorteile. Als Kohlenstoffsenke kann sie einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Eine kurze Einführung in die Welt der Pflanzenkohle.

Was ist Pflanzenkohle?

Ganz aus Biomasse hergestellt

Entscheidend für eine hohe Qualität der Pflanzenkohle sind unbelastetes Ausgangsmaterial und die genaue Kontrolle des Herstellungsprozesses, um Schadstoffbelastung zu verhindern.
Pflanzenkohle entsteht aus pflanzlicher Biomasse, die in der Land- und Forstwirtschaft, im Gartenbau, bei der Pflege von Grünflächen oder als Rückstände in der Lebensmittelindustrie anfällt. Dazu zählen Holz, Baum-, Strauch- oder Grasschnitt, Stroh, Getreidespelzen, Trester, Kerne oder Pressrückstände. Für den Einsatz von Pflanzenkohle in der Landwirtschaft ist in der Schweiz aktuell nur Holz als Ausgangsmaterial zugelassen.

Pyrolyse-Verfahren nach Wahl

Die Biomasse wird bei Temperaturen zwischen 450°C und 750°C und weitgehend unter Ausschluss von Sauerstoff verkohlt. Diesen Prozess nennt man Pyrolyse. Dabei entstehen Pflanzenkohle und Pyrolysegase, die zur Wärmegewinnung verbrannt werden. In einer modernen Anlage entstehen dabei keine schädlichen Abgase.
Auch bei der Holzvergasung kann Pflanzenkohle abgeschieden werden. Diese gilt gemäss internationalem Qualitätsstandard jedoch nur unter eng umschriebenen Vorgaben als Pflanzenkohle, die für landwirtschaftliche Zwecke eingesetzt werden darf. Die Einhaltung der Schadstoffgrenzwerte ist bei Vergaserverfahren eine Herausforderung. Die meiste Kohle aus solchen Anlagen erfüllt die Qualitätsanforderungen nicht. Kohle aus hydrothermaler Karbonisierung (HTC) wird gemäss European Biochar Certificate derzeit nicht als Pflanzenkohle betrachtet.

Altes Wissen neu entdeckt

Die Nutzung von Pflanzenkohle zur Verbesserung der Böden hat eine lange Tradition, insbesondere in tropischen Gebieten. Bereits vor 4000 Jahren brachten die Ureinwohner Südamerikas pflanzliche Verkohlungsrückstände zusammen mit Asche, Biomasse, Küchenabfällen und Tonscherben auf ihren Feldern aus. Über Jahrhunderte entstand daraus im Amazonas-Gebiet eine tiefschwarze und sehr fruchtbare Erde  die Terra Preta.

Eigenschaften & Wirkung

Die grosse Oberfläche macht den Unterschied

Die Pflanzenkohle ist äusserst porös und hat eine enorm grosse Oberfläche. Diese beträgt typischerweise um die 200 m2 pro Gramm und kann bis über 1000 m2 pro Gramm erreichen. Sie kann deshalb wie ein Schwamm sehr viel Wasser speichern. Eine weitere positive Eigenschaft ist die hohe Kationen-Austauschfähigkeit: An der Oberfläche der Pflanzenkohle können sich unter anderem Nährstoff-Ionen anlagern. Im Boden werden so weniger Nährstoffe ausgewaschen, während sie für Pflanzen und Mikroorganismen verfügbar bleiben. Wie Nährstoffe, kann die Pflanzenkohle auch Schadstoffe binden.

Wirkt positiv auf Boden und Pflanzenwachstum

Wie Pflanzenkohle im Boden genau wirkt, ist Inhalt zahlreicher Forschungsprojekte weltweit. Eine vorläufige Metaanalyse weltweiter Studien zur Wirkung von Pflanzenkohle liefert die Studie «Pflanzenkohle in der Landwirtschaft» im Auftrag von Agroscope. Sie hat «für sämtliche untersuchten Parameter eine im Durchschnitt positive Auswirkung von Pflanzenkohle festgestellt». Insbesondere kann Pflanzenkohle:

  • die Wasserspeicherfähigkeit trockener und sandiger Böden erhöhen,
  • den Humusaufbau unterstützen,
  • Böden auflockern,
  • das Wurzelwachstum stimulieren,
  • die biologische Verfügbarkeit von Schwermetallen reduzieren,
  • Lachgas-Emissionen und Nitratauswaschung verringern,
  • Phosphor und mineralischen Stickstoff im Boden für Pflanzen besser verfügbar machen,
  • den pH-Wert im Boden erhöhen und damit viele Nährstoffe für Pflanzen besser verfügbar machen
  • die mikrobiologische Vielfalt positiv beeinflussen.

Insgesamt zeigen Studien, dass sich mit Pflanzenkohle, die vorab mit Nährstoffen beladen wurde, das Pflanzenwachstum verbessern und der Ertrag steigern lässt. Je nach Bodenbeschaffenheit ist die Wirkung unterschiedlich – in Böden der gemässigten Breiten ist der Effekt tendenziell geringer als in Böden in tropischen Breitengraden.

Klimaschutz: mit Pflanzenkohle zu Netto-Null

In der Pflanzenkohle wird ein grosser Teil des CO2, das die Pflanze während ihres Wachstums aufgenommen hat, in stabilen Molekülen gebunden. Ganz im Gegensatz zur Verbrennung oder Verrottung: Bei diesen Prozessen gelangt der gesamte Kohlenstoff als CO2 wieder zurück in die Atmosphäre.
Pflanzenkohle wird über Jahrhunderte kaum abgebaut, der Kohlenstoff wird der Atmosphäre also langfristig entzogen. Deshalb ist Pflanzenkohle eine von der Wissenschaft anerkannte Kohlenstoff-Senke.

Kaum Risiken, wenn die Qualität stimmt

Schwermetalle, die im Holz und anderen Ausgangsstoffen natürlicherweise enthalten sind, könnten sich durch den Eintrag von Pflanzenkohle im Boden akkumulieren. Durch die Verwendung von Holz als Ausgangsmaterial bewegen sich die Schwermetallkonzentrationen jedoch auf tiefem Niveau und werden über das «European Biochar Certificate» (EBC) überwacht.
Bei unsachgemässer Herstellung von Pflanzenkohle können polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) entstehen. Um eine mögliche Bodenschädigung zu verhindern, wurden strenge Grenzwerte definiert, die ebenfalls über das EBC-Qualitätslabel kontrolliert werden.

Vielfältige Anwendungen

Pflanzenkohle wird aktuell vor allem in der Landwirtschaft eingesetzt. Aber auch in anderen Bereichen hat sie grosses Potenzial.

In der Landwirtschaft wird die Pflanzenkohle idealerweise kaskadenförmig genutzt, um von den vielfältigen Vorteilen bestmöglich zu profitieren. Zuerst wird sie als Futterzusatz, Einstreu, zur Güllebehandlung oder zur Mistkompostierung eingesetzt. Anschliessend gelangt sie über den Hofdünger auf die Felder.
So entfaltet die Pflanzenkohle auf verschiedenen Ebenen Wirkung: Sie kann die Tiergesundheit verbessern, die Stallhygiene erhöhen, Gerüche reduzieren, die Güllewirkung steigern und schlussendlich den Boden und das Pflanzenwachstum positiv beeinflussen.

Ähnlich wie in der Landwirtschaft bietet Pflanzenkohle auch im Gartenbau Vorteile. Wenn sie zum Beispiel dem Substrat für Stadtbäume beigemischt wird, schützt sie dank ihrer Wasserspeicherfähigkeit das Stadtgrün vor Trockenheit oder kann Salzwasser aus dem Winterdienst abpuffern.

Pflanzenkohle kann in industriellen Prozessen fossilen Kohlenstoff oder sogar direkt (Sand)substrate ersetzen. Grosses Potenzial wird in der Bau- und Dämmstoffherstellung und in der Umwelttechnik gesehen, aber auch in der Textil- und Kosmetikindustrie.

Pflanzenkohle kann Schadstoffe binden und in der Abwasser- und Trinkwasserbehandlung oder in Abgasfiltern zum Einsatz kommen. Wie Aktivkohle aus fossilen Quellen wird sie dazu vorab aktiviert.

Bei der Pyrolyse von Biomasse wird Wärme frei. Zudem entstehen als Nebenprodukte Pyrolysegase und -öle. Sie werden in den meisten Fällen verbrannt und die Wärme zusammen mit der Prozesswärme zur Trocknung und Vorwärmung der Biomasse genutzt und/oder in einen Wärmeverbund eingespeist. Zunehmend wird auch eine Verstromung der Abwärme angestrebt.

Zertifizierung & Zulassung

Die Qualität muss stimmen

Entscheidend für eine hohe Qualität der Pflanzenkohle sind einwandfreies Ausgangsmaterial und die genaue Kontrolle des Herstellungsprozesses, um Schadstoffbelastung zu verhindern.
Die Qualitätsanforderungen für Pflanzenkohle legt das «European Biochar Certificate» (EBC) fest. Es definiert Grenzwerte für den Schadstoffgehalt, beispielsweise für polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), polychlorierte Biphenyle (PCB) oder Schwermetalle. Zudem führt das Qualitätslabel eine Positivliste der Ausgangsstoffe, die für zertifizierte Pflanzenkohle zugelassen sind.

Anforderungen für landwirtschaftliche Nutzung

Pflanzenkohle ist seit 2016 in der Schweiz im Rahmen der Düngerverordnung in der Landwirtschaft zugelassen. Voraussetzung ist, dass sie die Richtlinien des «European Biochar Certificate» (EBC) erfüllt und aus naturbelassenem Holz hergestellt ist. Mehr zu den Qualitätsanforderungen an Pflanzenkohle zur Bodenverbesserung und als Tierfutter lesen Sie in unserem Blogbeitrag.