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Pflanzenkohle boomt, EBC entwickelt sich

Das European Biochar Certificate Label ist der Qualitätsstandard für Pflanzenkohle. Vergeben wird es von Carbon Standards International. Geschäftsleiter Ueli Steiner erklärt, wie die Qualitätskriterien festgelegt werden und wie sich das Label weiterentwickelt.

Seit wann gibt es das EBC Label?
Ueli Steiner: Hans-Peter Schmidt vom Ithaka Institut hat den Qualitätsstandard vor elf Jahren entwickelt. Dem Pionier war von Anfang wichtig, dass Pflanzenkohle die notwendige Qualität hat, um sie nachhaltig einzusetzen.

Warum braucht es eine Qualitätskontrolle der Kohle?
Pflanzenkohle kann mit unterschiedlichen Verfahren und unterschiedlichen Ausgangsstoffen hergestellt werden. Zudem verändert sich die Qualität der Kohle, je nachdem, wie der Prozess geführt wird. Für eine nachhaltige Herstellung und Anwendung sind zwei Dinge wichtig: Beim Prozess dürfen keine Schadstoffe in die Luft gelangen. Das heisst, die Anlagen müssen die gesetzlichen Vorgaben zur Luftreinhaltung der jeweiligen Länder einhalten. Und das Endprodukt muss alle gesetzlichen Grenzwerte z.B. für die Anwendung im Boden erfüllen.

Was sind die wichtigsten Qualitätsmerkmale, die EBC überprüft?
Bei der EBC Zertifizierung wird überprüft, ob Emissionswerte der jeweiligen Anlagen dokumentiert und die Grenzwerte eingehalten sind. Bei der Pflanzenkohle sind polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) und Schwermetalle wichtige Qualitätsmerkmale, die überprüft werden. Für unterschiedliche Anwendungsgebiete definiert EBC verschiedene Grenzwerte, die sich an den gesetzlichen Vorgaben orientieren.

Zudem wird im Rahmen einer EBC Zertifizierung das C-Senken Potenzial ausgewiesen. Dazu wird der Kohlenstoff- und der Wassergehalt der Kohle analysiert. Daraus wird berechnet, wie viel Kohlenstoff mit einer Tonne Pflanzenkohle langfristig gebunden wird. Auch die Emissionen der vorgelagerten Prozesse werden dabei einberechnet.

Das EBC Label wird immer wieder angepasst, letztmals im Januar dieses Jahres. Wie werden die Qualitätsstandards festgelegt? Wer ist an diesem Prozess beteiligt?
Aktuell ist innerhalb von Carbon Standards International die wissenschaftliche Leitung für die Ausarbeitung der Regeln zuständig. Wir sammeln Rückmeldungen, die vor allem von Produzenten kommen. Die Anträge werden von der wissenschaftlichen Leitung beurteilt und je nach Ergebnis der Prüfung in die Überarbeitung des Standards aufgenommen.

Die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen ist jederzeit garantiert. Da diese in verschiedenen Ländern variieren, gibt es für einzelne Länder spezifische Anhänge um die verschiedenen lokalen Gegebenheiten abzudecken. Für die Schweiz ist aktuell ein solcher Anhang in Erarbeitung.

Pflanzenkohle erlebt derzeit einen ausgesprochenen Boom. Wie entwickelt sich EBC weiter?
Wir sind daran, den Prozess zur Festlegung der Standards auf eine breitere Basis zu stellen. Geplant ist zum Beispiel ein Expertengremium, das die Anträge vorprüft. Zudem möchten wir auch die Vernehmlassung breiter abstützen. Auch Stakeholder wie Charnet sollen hier miteinbezogen werden. Im September sollten wir so weit sein.

Wie läuft eine Zertifizierung nach EBC ab?
Ein Pflanzenkohle-Produzent registriert sich bei uns für die Zertifizierung. Er nimmt eine Probe von einer Produktionscharge. Wie die Probenahme erfolgen muss, erfahren die Produzentinnen und Produzenten in einer Schulung. Die Probe wird von einem von EBC akkreditierten Labor analysiert. Gleichzeitig wird eine Inspektion der Anlage vor Ort durchgeführt. Eine externe Zertifizierungsstelle prüft anhand der eingereichten Unterlagen, ob die EBC Vorgaben eingehalten sind, und erteilt das Zertifikat. Das Zertifikat muss jährlich erneuert werden, indem wieder eine und eine Kontrolle vor Ort oder eine Fernbewertung durch eine zugelassen Zertifizierungsstelle durchgeführt wird.

Wieviel kostet eine Zertifizierung?
Die Laboranalysen belaufen sich auf rund 700 Euro. Inspektion und Zertifizierung ist abhängig von der lokalen Situation und der Grösse der Betriebe.

Für Kleinproduzenten eine hohe Investition…
Wir raten Landwirtschaftsbetrieben in der Schweiz nur zur eigenen Pflanzenkohleproduktion, wenn ein gesicherter Prozess vorhanden ist. Die Kohleproduktion im offenen Feuer ist hierzulande streng genommen gar nicht erlaubt – auch das Verbrennen von Asthaufen ist ja verboten. Zudem geht die Wärme verloren. Besser ist, mit einem zertifizierten Produzenten zusammenzuarbeiten.

Für Betreiber von professionellen Kleinanlagen mit kontrollierter Pyrolyse im geschlossenen Reaktor planen wir eine vereinfachte, günstigere Zertifizierung anzubieten.

Mit Pflanzenkohle das Klima retten – kann dies gelingen?
Pflanzenkohle ist im Moment die beste Massnahme, um CO2 mit vernünftigem Aufwand aus der Atmosphäre zu binden und somit Negativemissionen zu erzielen. Neben ihrer Rolle als C-Senke kann Pflanzenkohle auch auf Stufe Tier und durch ihre positiven Effekte auf den Humusaufbau einen Klimanutzen stiften. Wir sind daran, einen neuen Standard zu entwickeln, «World-Climate Farm», der alle Ebenen mitberücksichtigen soll.