Zum Inhalt

Wenn Pflanzenkohle dämmt

Wer historische Wohnbauten stilgerecht restaurieren will, kommt um Kalkputze nicht herum. Ein Bündner Kleinunternehmen mischt dem traditionellen Baustoff Pflanzenkohle bei. Das Resultat ist ein natürlicher Dämmputz.

Der Kohledämmputz besteht aus Pflanzenkohle, Perlit, Hydraul- und Luftkalk.

Das altehrwürdige Kaplanei-Haus befindet sich in Stalden VS an prominenter Lage mit schönem Blick nach Visp. Und doch ist das stattliche Gebäude während Jahren leer gestanden und hat Schaden genommen. Daran sollen die laufenden Instandstellungsarbeiten und der sanfte Umbau etwas ändern. Federführend ist die hûs Architektur und Handwerk GmbH mit Sitz im Bündnerland, die dabei auf historische Fertigungstechniken und Naturmaterialien setzt.

Inspiriert von der Sgraffito-Tradition hat die Kaplanei mit Baujahr 1701 deshalb als dämmende Aussenhaut einen Kalkdämmputz auf Pflanzenkohlebasis erhalten. «Aufgrund des hohen Porengehalts kann sich die Kohle gut mit Wasser durchsättigen», sagt hûs-Mitinhaber Stefan Höhn. Pflanzenkohle diene im Kalkverbund als Wasserrückhalter und sorge dafür, dass der Verputz möglichst lange feucht bleibe. «Ein Kalkputz darf nicht zu schnell austrocknen, sonst entstehen Risse. Er muss stattdessen in seinem Tempo die Kristalle bilden, um spannungsfrei durchzuhärten.»

Reduzierter mineralischer Zuschlag
Vor dem Aufbringen des Putzes haben Höhn und sein Team das hölzerne Ständerwerk der Kaplanei mit einer Haftbrücke aus Lehm versehen. Danach war Muskelkraft gefragt. «24 Kubik unserer schweineborstenarmierten, selbst entwickelten Putzmischung gingen durch die Hand an die Wand», sagt Höhn. In zwei Arbeitsgängen sei so ein acht Zentimeter dicker, gräulicher Kohledämmputz entstanden, dessen Dämmanteile primär aus Schweizer Pflanzenkohle bestehe. Denn der hochporöse einheimische Rohstoff hat aufgrund der zahlreichen Hohlräume eine geringe Wärmeleitfähigkeit – und ein gutes Dämmvermögen. Der mineralische Leichtzuschlag fällt beim hûs-Kohledämmputz geringer aus: Die Mischung enthält lediglich einen Anteil Perlit, also aufgeschäumte mineralische Vulkangesteinskörner.

Gemischt wird der Putz direkt vor Ort auf der Baustelle.

Anschliessend wird er auf die Wände aufgebracht.

In der fertig ausgehärteten Wärmedämmschicht sind die Pflanzenkohlestücke gut zu erkennen.

Siebkurve ist entscheidend
Für einen guten Verputzaufbau komme es auf die Kornzusammensetzung der Kohle an, sagt Höhn: «Eine Siebkurve von 0,1 bis 30 Millimeter garantiert die Standfestigkeit und Initialhaftung des Putzes.» Pflanzenkohle sei in unterschiedlichen Korngemischen erhältlich, was es ihnen erlaube, auf der Baustelle den benötigten Mix selbst herzustellen. «Und so müssen wir dem Kohledämmputz keinen Sand beimischen, was dessen Dämmwirkung erhöht», so Höhn. Die wissenschaftlich ermittelte Wärmeleitzahl (Lambda) beträgt beim hûs-Kohledämmputz 0,08 W/mK. Zum Vergleich: Gängige Wärmedämmputze weisen einen Lambda-Wert zwischen 0,06 und 0,03 W/mK auf, womit sie etwas besser dämmen.
Der hochporöse Kohledämmputz mit seinem bemerkenswerten Wasserrückhaltevermögen bildet aber nicht die Aussenschicht der Kaplanei. Zum Abschluss folgt ein Deckputz, der zuverlässig vor Schlagregen und sonstigen Witterungseinflüssen im Walliser Bergtal schützt.$

Weitere Informationen zu hûs

Hat Ihnen der Beitrag gefallen? Dann teilen Sie ihn bitte.

LinkedIn